Sektorenkopplung mit Eisspeicher vor den Toren Berlins

Foto: © AnotherArchitect.com
FPE Flowerpower Energy GmbH

Ansprechpartner: Christian Schwarz
Tel.: 0151 64664964
E-Mail: c.schwarz@flowerpower-energy.de
14548 Schwielowsee OT Caputh
Vor den Toren Potsdams demonstriert das im Bau befindliche Blütenviertel wie in einem Neubauquartier mit etwa 180 Wohn- und Geschäftseinheiten durch ein intelligent vernetztes Energiesystem, ein Maximum an erneuerbarer Energie eingebunden werden kann.
Zentrales Element des Energiekonzeptes ist der im März 2021 gebaute Eisspeicher mit einem Volumen von 650 m³. Das Speichermedium ist normales Leitungswasser. Der Eisspeicher dient im Winter als Wärme- und im Sommer als Kältequelle. Im Eisspeicher befinden sich 12 Kilometer in Spiralen verlegte und mit einem Glykol-Wasser-Gemisch gefüllte Kunststoffrohre als Wärmetauscher.

Eine Wärmepumpe nutzt die im Eisspeicher gespeicherte thermische Energie, um das Quartier, je nach Jahreszeit, zu beheizen oder zu kühlen, wobei die passive Kühlung aus dem Eispeicher Vorrang hat Während des Wärmeentzugs aus dem Speicher wird ein bemerkenswerter physikalischer Effekt genutzt: Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt wird Kristallisationswärme frei. Das bedeutet, dass Wärme entzogen werden kann, ohne, dass dabei die Temperatur weiter absinkt. Die bei dieser Temperatur freiwerdende Energie ist äquivalent, um dieselbe Menge Wasser von 0 auf 80° zu erhitzen. Der umgekehrte Effekt wird beim Kühlen im Sommer genutzt. Hier wird der vereiste Speicher aufgetaut, wobei dieser um den Gefrierpunkt überproportional viel Kälte abgeben kann. Von diesem Phänomen der Kristallisationsenergie leitet sich die Bezeichnung „Eisspeicher“ ab.

Um den Eisspeicher ganzjährig als Energiequelle nutzen zu können, ist es erforderlich unterjährig Energie einzuspeichern, d.h. den Speicher zu regenerieren. Dazu wird Abwärme aus den Gebäuden, das Kühlen der Gebäude im Sommer und ein Rückkühlwerk auf dem Gebäudedach zur Nutzung der Luftwärme in Verbindung mit der Wärmepumpe genutzt. Alle Komponenten werden vorrangig mit Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage auf den Dächern des Blütenviertels betrieben. Auf diese Weise kann dieser PV Strom immer sinnvoll verwendet werden, wenn keine anderweitige Verwendung, z.B. Ladung Elektromobilität möglich ist. Der Eispeicher dient somit indirekt auch als Stromspeicher, denn die eingespeicherte Wärme-, bzw. Kälteenergie entlastet den Stromverbrauch in den Wärmepumpen im Bedarfsfall.
Weitere Energiequellen sind BHKWs und ein Spitzenlastkessel. Ein Batteriespeicher kann zukünftig nachgerüstet werden, um die Energieeffizienz weiter zu erhöhen.

Die Gebäude werden über zeitgemäße Niedertemperaturflächenheizungen mit maximalen Vorlauftemperaturen von 35°C beheizt. Die Möglichkeit der Kühlung zur sommerlichen Absenkung der Raumtemperatur erhöht zudem den Wohnkomfort erheblich. Innovative Wohnungsübergabestationen sind mit modernster Zähltechnik ausgestattet. Hier findet auch die elektrische Nacherhitzung des Trinkwarmwassers von 35 auf 50 Grad statt. Energetisch ineffiziente hohe Vorlauftemperaturen aber auch Probleme durch Legionellen gehören mit diesem System der Vergangenheit an.

Das gesamte System ist bei Wärme und Kühlung über 50% erneuerbar und bietet in der Gesamtbetrachtung eine sehr hohe Versorgungssicherheit und Redundanz sowie eine zeitgemäße und zukunftsfähige Umweltbilanz.
Für Bauträger bietet das System die Möglichkeit über den Verkauf von Energie ein weiteres Geschäftsfeld zu erschließen. In der bisher dominierenden konventionellen Versorgung mit fossilen Energieträgern, stellte der Aufwand für Heiztechnik eine reine Notwendigkeit dar, um die Gebäudeflächen vermarkten zu können. Mit zunehmendem Kostendruck auf fossile Energieträger, u.a. durch die CO2 Bepreisung, werden neue Modelle zunehmend wirtschaftlich und rücken als Investition in den Fokus.
Weiterer wesentlicher Aspekt für Bauträger ist der positive Effekt auf den Primärenergiefaktor und die Bauphysik, wodurch günstige Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten mit vergleichsweise geringem bautechnischem Aufwand möglich werden.
Für die Bewohner bietet das System, neben dem guten Gefühl der Nutzung umweltfreundlicher Energie, auch wirtschaftliche Vorteile. Bei konventioneller Energieversorgung ist die Anfangsinvestition zwar eher gering, dafür sind die Brennstoffkosten ein permanenter Kostenfaktor. Marktliche und politische Preissteigerungen von fossilen Brennstoffen schlagen daher direkt auf die Energiekosten durch. Das Eisspeichersystem im Blütenviertel hat aufgrund des hohen Anteils genutzter Umweltenergie, langfristig stabile Energiepreise, die nur gering von Brennstoffpreisen abhängen. Zudem ist ein eigenes Stromprodukt für die Mieter zu attraktiven Preisen geplant.
Foto: © AnotherArchitect.com
ECKDATEN DES PROJEKTS
Gewerbe
Wohnen

Neubau
ca. 10.000 – 15.000 m2
4 Teilgebiete – Anzahl der Gebäude noch offen
2022
noch in Klärung
Nahwärme
Kälte
Strom
Wärme
Warmwasser
Energieliefer-Contracting
Erdgas
Biogas
Sonne
4x BHKW (20 kWel / 29 – 44 kWth)
Photovoltaikanlage (360 kWp)
Eisspeicher (650 m3)
Batteriespeicher
3x Wärmepumpe (345 kW / 113 kW / 77 kW)
Eisspeicher von oben – Fotos: © FPE Flowerpower Energy GmbH
Elektromobilität (30 Ladesäulen)
Betonbehälter – Foto: © FPE Flowerpower Energy GmbH
ca. 6,5 Mio. EUR
Förderprogramm: Wärmenetze 4.0
Baukostenzuschuss: Ja
165 t CO2
50 %
ERFAHRUNGEN
Die Gesellschafter des Bauträgers Caputh Management Bau GmbH wollten im Blütenviertel ein umweltfreundliches und zeitgemäßes Energiekonzept realisieren. Contracting bietet die Möglichkeit auch innovativere Vorhaben umzusetzen. Technischer Impulsgeber war unter anderem die BES – Berlin Energie Service GmbH.
In einem Neubauprojekt kann ein Energiekonzept sehr viel freier entwickelt werden als im Bestand. Dieser Umstand zusammen mit der Offenheit der Bauherren für umweltfreundliche Innovationen und der wirtschaftlichen Perspektive hat den Ausschlag für die Contractinglösung gegeben.
Das Energiekonzept im Blütenviertel profitiert technisch und wirtschaftlich von der Sektorenkopplung, z.B. den flexiblen Verwendungsmöglichkeiten des Solarstroms. Zudem reduziert der hohe Anteil erneuerbarer Energie die Abhängigkeit von Brennstoffpreisen und bietet damit eine hohe Preisstabilität im Vergleich zu konventionellen Systemen.